Zum Abschied eine Tour durchs Dorf

Am Freitagvormittag traute Andreas Hansen seinen Augen kaum: Vor seinem Haus stand ein mit bunten Luftballons und Flatterband geschmückter Trecker mit Anhänger, um ihn zu einer Fahrt durch Treia abzuholen.

Ein großes Schild mit der Aufschrift '50 Jahre voll', ein durchgestrichenes Baustellenschild und eine orangene Arbeitsjacke machten den Zweck dieser Tour schnell klar: Die Verabschiedung eines Treianer Urgesteins. Nach 29 Jahren im Dienst als Gemeindearbeiter ist Andreas Hansen Ende des vergangenen Jahres in den Ruhestand gegangen. Eine Feier zum Abschied war coronabedingt zu diesem Zeitpunkt nicht möglich. Aber ihn einfach so gehen lassen? Das ging nicht. „Nach all den Jahren war es uns wichtig, dich nicht nur mit einer Formalie gehen zu lassen“, betonte Bürgermeister Raoul Pählich während des Empfangs im Osterkrug. Den musste er sich allerdings erst verdienen.

Nachdem Andreas Hansen auf dem Dorfplatz durch Vertreter des HGV verabschiedet wurde, musst er in der Kindestageseinrichtung Storchennest seine Expertise in einer Challenge unter Beweis stellen. „Ich musste Schiebkarre fahren, Schrauben eindrehen und Holz durchsägen“, schmunzelt er. Auf dem Gelände des Kindergartens gab es während seiner Dienstjahre immer etwas zu tun und die Kinder haben ihm immer interessiert zugesehen. Die Challenge ist übrigens unentschieden ausgegangen.

Über fast drei Jahrzehnte gehörte Andreas Hansen zum Erscheinungsbild der Gemeinde. Seine Arbeit war überall sichtbar. Dabei ging sein Engagement oft genug weit über das Maß hinaus. „Das Dorf schläft, es schneit. Andreas ist schon unterwegs – Schneeräumen und Wege fegen, damit wir einen sicheren Weg haben“, beschreibt Raoul Pählich als während des Empfangs das lange Arbeitsleben seines ehemaligen Mitarbeiters revuepassieren lässt. „Man sitzt am Wochenende zu Hause, merkt gar nicht, dass eine Abwasserpumpstation ein Problem hat. Denn, Andreas ist schon unterwegs, um sie zu reparieren.“ Egal, welches technische Problem zu beheben war, was befestigt, aufgestellt oder gesägt werden musste – Andreas Hansen war zur Stelle, um zu helfen und zu reparieren.

Jetzt wird er nach insgesamt 50 Berufsjahren seine freie Zeit genießen und im neuen Salzwasser Pool entspannen. „Und ich werde das machen, was ich in den vergangenen Jahren nicht geschafft habe, weil die Zeit sehr knapp war“, erzählt er. Andreas Hansen engagierte sich neben dem Beruf in der Freiwilligen Feuerwehr Treia, viele Jahre davon als Jugendwart. „Es kann nur mit Kindern in die Zukunft gehen. Sie liegen mir ganz besonders am Herzen“, ergänzt er, „deshalb hat mir der Abstecher zum Kindergarten auch so gut gefallen.“

Wenn er dann aber doch mal einfach nichts tun möchte, kann er sich auf die neue Bank setzen, die er von der Gemeinde zum Abschied bekommen hat. „Damit er sich auch manchmal daran erinnert, dass er nun einen Gang zurückschalten kann, haben wir ein Schild angebracht – darauf steht 'Ruhesitz'“, erklärt der Bürgermeister beim Überreichen des Geschenks. „Wer einen Mitarbeiter sucht, sollte nicht nur die Frage prüfen: Was kann er? Sondern auch: Hat er Glück bewiesen?“, beendete er seinen Dank mit einem Zitat des großen Feldherrn Napoleon. „Für Dich, lieber Andreas trifft beides zu: Deine Fähigkeiten waren absolut unumstritten. Und das Glück – nun, das lag auf der Seite der Gemeinde.“

Beitrag veröffentlicht von:
Claudia Kleimann-Balke
Andreas Hansen traute seinen Augen kaum, als er von seinen ehemaligen Kollegen für eine Abschiedstour durchs Dorf abgeholt wurde.